Story
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Gastmusiker auf blackstar’s ascending und wizard of oz.
Ein junger Bassist aus Boston hatte sich in der New Yorker Session-Szene in den voran gegangenen 10 Jahren einen guten Ruf erspielt, als ihn im August 1980 ein Anruf erreichte, er solle an einer Recording Session teilnehmen, weil der eigentlich vorgesehene Bassist stattdessen eine Verpflichtung bei George Harrison hatte. Als er im Studio auftauchte, kam dort John Lennon direkt auf ihn zu und sagte auf sehr direkte Art: „Man sagt mir, du bist gut. Spiel einfach nicht zu viele Noten.“ Sein Name: Tony Levin. Er antwortete: „Kein Problem.“ In einem Interview mit Guitarworld.com erzählt Tony 2023: „John Lennon dachte wohl: ‚Oh, er muss einer von diesen schnellen Typen sein, und ich will nicht, dass er meine Musik ruiniert.‘ Was er nicht wusste, war, dass ich tatsächlich nicht zu viele Noten spiele. Damit war die Diskussion beendet.“ Tony hätte auch die nachfolgende Tour spielen sollen, wozu es dann aus bekannten Gründen leider nicht mehr kommen sollte.
Auf die Spitze getrieben hat der King Crimson und Peter Gabriel Haus- und Hofbassist aus meiner Sicht die Sparsamkeit an Noten auf meinem Lieblings-Stück The Court aus dem 2023er Peter Gabriel Album i/o. Getreu dem Motto: Ich sage nicht viel. Aber das WAS ich sage ist ein klares Statement!
Jeder, der ihn kennt und mit ihm zusammen gearbeitet hat, sagt über ihn: Keine Ahnung wie er das macht, aber kein Zweiter kommt auf Bassmelodien wie Tony Levin. Aus seinem Kopf entsprangen legendäre Bassfiguren wie die von Sledgehammer, Dont’t give up oder auch Paul Simons 50 ways to leave your lover, um nur einige zu nennen.
Dinge, die im Leben eigentlich nie passieren – blackstar’s ascending
Dinge, die im Leben eigentlich nie passieren, passieren manchmal eben doch. Dass Basslegende Tony Levin mal meinen Song auf meiner Platte spielen würde? Das war für mich eigentlich undenkbar. Der in Kingston, NY lebende Musiker ist seit über 40 Jahren der Mann der tiefen Töne neben Peter Gabriel und es wäre vermutlich einfacher aufzuzählen, welche Rock- und Popgrößen der Musikgeschichte er in seiner langen Karriere noch nicht mit seinem Bass versorgt hat. David Bowie, Paula Cole, Lou Reed, Pink Floyd, Paul Simon, Dire Straits, Art Garfunkel, Ringo Starr. Sie alle gehören zur langen Liste die von seinem prägnanten Stil profitierten. Heute noch ist er neben Peter Gabriel u.a. mit eigenen Formationen Stickmen oder The Levin Brothers weltweit unterwegs.
Ich liebe Peter Gabriels Musik und seine Band, seit ich angefangen habe, Musik zu hören. Und da ich wusste, dass Tony und Jerry (der bereits die Drums zu blackstar’s ascending eingespielt hatte) gut befreundet sind, fasste ich mir ein Herz und fragte Jerry: „Hältst du es für völlig abwegig, dass ich irgendwie Tony gewinnen könnte, für ein paar der Songs Bass einzuspielen.“ Woraufhin Jerry erwiderte: „Ach, du willst Tony? Gar kein Problem. Könnte nur sein, dass du etwas Zeit mitbringen musst.“ Einige Emails später war es dann so weit und Tony meinte: „Ich kann aus Zeitgründen nicht alle deine Songs machen, aber sag mir doch den, auf dem du mich unbedingt haben willst.“ Die Wahl war schnell getroffen: why are you still here? Karsten und ich hatten uns erst kurz vorher darüber unterhalten, dass das Intro zum Song vielleicht zu lang sei, weil das Pianomotiv sich über 16 Takte erstreckte. Aber darüber würden wir uns später kümmern. Wenige Stunden nach der Übergabe hatte Tony die Demovorlage auf seine einzigartige Art und Weise interpretiert und zurück geschickt und den Nagel auf den Kopf getroffen. Offensichtlich dachte er: „Da ist ein 16-taktiges Intro, wo nicht viel passiert. Ich biete mal was an.“ Die nächste Email ging an Karsten: „Tony hat soeben unser Introproblem gelöst.“ Ich bedankte mich und meinte: ‚Mega. Nehm ich genau so. Mehr brauche ich nicht … aber wenn du zufällig doch noch unerwartet Freizeit hast und dir langweilig wird, hab ich nichts dagegen, wenn du dir selber noch einen aussuchst.“ Das war eigentlich als Spass gemeint, aber Wochen später kam dann die Email: „Hey, jetzt ist überraschend heute ein Probentermin ausgefallen … soll ich noch einen machen, oder hab ich schon eine Deadline überschritten?“ … nun ja, da konnte ich natürlich nicht nein sagen. Und so kam es auch noch dazu, dass Tony auch noch two waggons unter die Finger nahm. Vielen Dank nochmal auf diesem Weg! Awesome!
Unglaublich, dass der legendäre Bassist sich nun auch auf meiner Platte blackstar’s ascending verewigte.
Wizard Of Oz Projekt
Meine ersten Songdemos bestehen eigentlich immer aus Piano, Vocals, programmierten Drums und programmiertem Bass. Als ich mir Gedanken über Bassfiguren machte, erwischte ich mich immer wieder bei dem Gedanken: Was würde Tony hier tun? Was natürlich Quatsch ist. Keiner weiß, was Tony tun würde, außer Tony. Dennoch nahm ich mir schon mal ein Beispiel im Sinne: Wenn er es organisch spielt, passiert in keinem Formteil zweimal das gleiche. Aber irgendwie fand ich für Intro, Strophen, Reintro nichts, mit dem ich so richtig zufrieden war. Beim großen Finale hatte ich dann eine relativ einfache Figur geschrieben, die dadurch Alarm machte, dass sie immer wieder nach oben ging. Und es drängte sich mir wieder der Gedanke auf: Tony würde aus dieser Passage was extrem Geniales machen können.
Ja nun, vielleicht kann ich ihn ja nochmal gewinnen. Spannend genug wäre die Nummer ja. Also schrieb ich ihn an. Und siehe da: Er hatte Zeit und Lust. Ich schickte ihm den Song und sagte: „Freies Schießen, und kannst Du bitte vor allem die Endsektion tonyfizieren?“ Außerdem, was immer an meiner ersten Idee für vorne nicht stimmte: Tony würde das auf den Punkt bringen. Und heilig’s Blechle hat er das Ende tonyfiziert. Im vorderen Teil spielte er dann einen fröhlichen Slide und da fiel es mir wie Schuppen aus den Ohren (oder wie die Redewendung auch immer ging): Das harmonische Konzept war zu happy und in den Strophen zu viele Noten gewesen. Also machte ich einen alternativen Vorschlag. Und das ist nun zu hören. Interessanterweise hat er sich relativ nah an meiner ursprünglichen Komposition entlang gehangelt. Ich habe ihn dann gefragt, wie eigentlich seine grundsätzliche Vorgehensweise aussieht, wenn er Songmaterial zur Bearbeitung bekommt. Er meinte, er nähme erstmal die originale Komposition und vertiefe sich in diese. Dann probiere er einen völlig eigenen Ansatz und am Ende versuche er, beides zu verbinden. Bei komplexeren Tracks wie meinem sei es oft am besten, sich an der vorgegebenen Idee entlang zu hangeln.
Soundtechnisch griff er für das Stück diesmal zum Chapman Stick. Ein Instrument, das mit Tapping Technik gespielt wird. Wem dieses Instrument nichts sagt, dem erklärt er es hier:
Bringing it down to the bass
Verpasst auch auf keinen Fall sein neues 2024 Soloalbum Bringing it Down to the Bass, das er mit Dominic Miller (Gitarre), Manu Katché (Schlagzeug) und Tonys Bruder Pete an den Keyboards aufgenommen hat. Zu seinen musikalischen Gästen gehören dabei auch: Robert Fripp, Mike Portnoy, David Torn, Jerry Marotta, Larry Fast, Steve Gadd, Steve Hunter, Pat Mastelotto, L. Shankar, Gary Husband, Jeremy Stacey, Colin Gatwood, Markus Reuter und Vinnie Colaiuta. Die Platte zeigt erneut seine unglaubliche Bandbreite.
Am meisten gelacht habe ich über den Track On the drums. Dieser a capella Song ist ein Kanon über alle Schlagzeuger, mit denen Tony je zusammen gearbeitet hat. Also …. alle. Ob genau in dieser Reihenfolge und Häufigkeit, ist nicht überliefert.
Auch hörenswert: Give the Cello some. (Nein, das ist keine E-Gitarre. Das isst ein E-Cello.)
Und natürlich der Titeltrack:
In einem Interview, das ich kürzlich gesehen habe machte Tony folgende sympathische Aussage: „Ich spiele nicht nur für Peter Gabriel. Ich bin auch Fan. Würde er mich nicht fragen, mitzuspielen, wäre ich sicher enttäuscht. Aber ich stünde dann immer noch im Publikum, um zu sehen welchen Weg er nun eingeschlagen hat.“ Jeder ist Fan von irgendjemand anderem. Egal auf welchem Level. Nicht nur als Fan sage ich: Danke, Tony! Die Zusammenarbeit mit dir war eine wirkliche Bereicherung!
English Version
(tranlated to English by ChatGPT)
Guest musician on blackstar’s ascending and wizard of oz.
A young bassist from Boston had built a solid reputation in the New York session scene over the previous 10 years when, in August 1980, he received a call to participate in a recording session. The originally planned bassist had a commitment with George Harrison instead. When he showed up at the studio, John Lennon approached him directly and said in a very straightforward manner: „They tell me you’re good. Just don’t play too many notes.“ His name: Tony Levin. He replied: „No problem.“ In an interview with Guitarworld.com in 2023, Tony shared: „John Lennon probably thought, ‚Oh, he must be one of those fast guys, and I don’t want him ruining my music.‘ What he didn’t know was that I actually don’t play too many notes. That was the end of the discussion.“ Tony was also supposed to play on the subsequent tour, which, for well-known reasons, unfortunately never happened.
In my opinion, the King Crimson and Peter Gabriel bassist took his minimalism to the extreme on my favorite track The Court from Peter Gabriel’s 2023 album i/o. True to the motto: I don’t say much, but what I say makes a clear statement!
Everyone who knows him and has worked with Tony says the same thing: No one knows how he does it, but no one else can create bass melodies like Tony Levin. From his mind came legendary bass lines such as those for Sledgehammer, Don’t Give Up, or even Paul Simon’s 50 Ways to Leave Your Lover, just to name a few.
Things that usually don’t happen in life – blackstar’s ascending
Sometimes, things that usually never happen in life do happen. That bass legend Tony Levin would play on my song on my album? That was something I never imagined. The musician living in Kingston, NY has been Peter Gabriel’s go-to man for the low tones for over 40 years, and it would probably be easier to list which rock and pop icons of music history haven’t been graced by his bass. David Bowie, Paula Cole, Lou Reed, Pink Floyd, Paul Simon, Dire Straits, Art Garfunkel, Ringo Starr — all of them have benefited from his distinctive style. Even today, alongside Peter Gabriel, he tours worldwide with his own projects, such as Stickmen or The Levin Brothers.
I’ve loved Peter Gabriel’s music and his band ever since I started listening to music. Knowing that Tony and Jerry (who had already recorded drums for blackstar’s ascending) were good friends, I gathered my courage and asked Jerry, „Do you think it’s completely out of the question that I could get Tony to play bass on a few of the songs?“ Jerry replied, „Oh, you want Tony? No problem. You might just need to wait a bit.“ After a few emails, Tony responded, „I can’t do all your songs due to time constraints, but tell me the one you absolutely want me on.“ The choice was easy: why are you still here? Karsten and I had just been talking about how the intro to the song might be too long, with the piano motif stretching over 16 bars. But we’d deal with that later. A few hours after sending the demo, Tony had already interpreted it in his own unique way and sent it back, hitting the nail on the head. Apparently, he thought, „There’s a 16-bar intro where not much happens. I’ll offer something.“ My next email to Karsten was: „Tony just solved our intro problem.“ I thanked him and said, „Awesome. I’ll take it just like that. I don’t need anything more … but if you happen to have any free time and get bored, feel free to pick another song.“ That was meant as a joke, but a few weeks later, I got an email: „Hey, a rehearsal got canceled unexpectedly today … should I do another, or have I already missed the deadline?“ Well, I couldn’t say no to that! And so it came to pass that Tony also worked on two wagons. Thank you again for that! Truly awesome!
It’s incredible that the legendary bassist has now left his mark on my album blackstar’s ascending.
Wizard of Oz Project
My initial song demos typically consist of piano, vocals, programmed drums, and programmed bass. When I was thinking about the bass lines, I kept catching myself thinking, “What would Tony do here?” Which, of course, is ridiculous. No one knows what Tony would do except Tony. But I took inspiration from the idea that no part of the song should be repetitive — there should always be variation. However, I couldn’t find anything for the intro, verses, or reintro that I was truly satisfied with. For the grand finale, I wrote a relatively simple figure that drew attention by consistently rising in pitch. And again, I thought, “Tony could make something extraordinary out of this section.”
Well, maybe I could get him on board again. The song was certainly interesting enough. So, I reached out to him. And, lo and behold, he had both the time and the interest. I sent him the song and said, „Do whatever you like, and can you especially ‚Tony-fy‘ the ending?“ Whatever was wrong with my original idea for the beginning, Tony would surely fix it. And wow, did he Tony-fy that ending! For the earlier sections, he played a cheerful slide, and it suddenly dawned on me: The harmonic concept had been too happy, and there were too many notes in the verses. So, I made an alternative suggestion, which is now what you hear. Interestingly, he stuck quite closely to my original composition. I then asked him about his general approach when working on song material. He explained that he first dives into the original composition, then experiments with a completely different approach, and finally tries to combine the two. With more complex tracks like mine, it’s often best to stick close to the original idea.
In terms of sound, for this piece he used the Chapman Stick, an instrument played using a tapping technique. If you’re unfamiliar with this instrument, he explains it here:
Bringing it down to the bass
Videos
https://www.youtube.com/watch?v=1qE4uMLbU90https://www.youtube.com/watch?v=fRScUtBc6yUhttps://www.youtube.com/watch?v=_6wEAzKVhWE