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Heute ist Release Day des gesamten Wizard of Oz Konzeptalbums! Passend dazu eine Grußbotschaft von einem der krassesten Schlagzeuger des Planeten: Special Guest Marco Minnemann. Und dazu muss ich etwas ausholen …
Wenn man für einen Song über gefühlte Wahrheiten einen meinungsstarken Drummer für eine Alternativ-Version sucht, die anders sein soll als alles andere, ist man fast gezwungen, Marco Minnemann zu fragen. Marco ist einer der farbenfrohsten und abgefahrensten Schlagzeuger, die auf diesem Planeten herumspringen. Zu sagen „Er spielte schon für“ wäre – um es wie mit Chuck Norris zu halten – falsch herum formuliert, denn er ist seine eigene unverwechselbare Marke. Darum muss es fast heißen: Mit ihm spielten schon… Die Bandbreite geht reicht dabei von Udo Lindenberg bis zur Buddy Rich Bigband über Joe Sartriani und natürlich Freaky Fuking Weirdoz bis Steven Wilson.
Wie sehr das mit der eigenen Marke zutrifft, zeigt folgende Anekdote: Als Marco mir seine Wizard Of Oz Interpretation zugeschickt und ich sie in mein Projekt eingebaut hatte, schickte ich sie an meinen Gitarristen Harry Lange und fragte ihn: „Wer ist das?“ Harrys Antwort: „Ein Minnemann Plugin?!“ Ich: „Fast.“
Es war einmal …
Mir kam der Hannoveraner zum erstenmal in die Ohren, als er den erkrankten Mason bei der zweiten Tour der Crossover Formation H-Blockx ersetzte und ich mir dachte: Mein lieber Herr Gesangsverein … bzw. Schlagzeugverein. Ich habe auf Youtube ein Zeitdokument gefunden. Haha, was waren wir jung – auf beiden Seiten der Bühne. (Und kaum zu glauben, dass einer der beiden Frontleute – Henning Wehlandt – viele Jahre später bei Söhne Mannheims wieder auftauchen sollte.)
Nach seiner H-Blockx Zeit verlor ich Marco aus den Augen. Und H-Blockx auch. Bis ich ihn dann irgendwann in den Nuller Jahren mal in der Münchner Unterfahrt kennenlernen durfte. Ich hatte seinen Namen im Programm gelesen, das einen gemeinsamen Gig mit Wolfgang Schmid (dem Passport Bassisten) spielte. (Nebenbei: Passport = Klaus Doldinger. Klaus Doldinger = Tatort-Titelmusik. Wusstet ihr, wer dabei am Schlagzeug saß? Nein, nicht Minnemann. Udo Lindenberg. Kein Witz. Aber das ist eine andere Geschichte …). Wie ich lernte, war er nach Los Angeles gezogen, wo er heute noch lebt und machte damals das abgefahrenste Zeug am Schlagzeug. Er habe eine Band, erzählte er, wo ihn die Leute teilweise fragten, wie man Songs mit Passagen, die scheinbar keinen erkennbaren und zählbaren Rhythmus haben, gemeinsam so auf den Punkt spielen könnte. „Ganz einfach.“ meinte er damals „Diese Sequenzen sind Dialogpassagen aus ‚Das Leben des Brian‘. Die gehen wir gedanklich beim Spielen durch und sind alle Bandmitglieder in Sync, obwohl es nicht wirklich einen Takt gibt. Da kommt kein Mensch dahinter.“ Was für ein Schelm.
Danach verlor ich ihn wieder eine Weile aus den Augen und Ohren, bis ich schließlich auf eine Platte stieß, die sich Levin, Minnemann, Rudess nannte. Also mal wieder übliche Verdächtige: Der Peter Gabriel / King Crimson Bassist, der Dream Theater Virtuose und Marco. Heilig’s Blechle. Ich gebe euch hier mal eine harmlose, weil sehr eingängige Hörprobe. Das Anhören des restlichen Albums erfolgt auf eigene Gefahr:
Unfassbar komplexes Zeug
Also halten wir mal fest: Der Mann spielt unspielbares Zeug als wäre es nix. Das brachte ihn auch auf den Radar der größen US Prog Rock Band Dream Theater und sie zwangen ihn zum vorpielen. „Ich kann doch von euch gar nix.“ sagte er. (Mhm. Sieht man ja auch hier, dass er es nicht kann.) „Und außerdem will ich nicht mein ganzes Leben dieser einen Band unterordnen. Nehmt doch den Mangini. Der ist gut und will das unbedingt.“ So passierte das dann auch. Muss man auch erstmal machen, so einen Gig abzulehnen. Aber seine eigene Band The Aristocrats war ihm nunmal wichtiger. Und live ein absolutes Erlebnis, mit welchem Spielwitz diese Jungs unterwegs sind, dass man unwillkürlich grinsend davor steht. Hier eine meiner Lieblingsnummern.
Den Vogel schießt Marco allerdings für mich in dieser virtuellen „Unterrichtsstunde“ bei Drumeo ab, in der er erklärt, wie man einen 5/4 über einem 15/16 spielt. Sagt euch nix? Macht nix. Wer ganz mutig ist, kann zu Minute 43:40 gehen, wo er in der linken Hand eine 5, in der rechten Hand eine 7 und mit den Füßen einen 9/16 gleichzeitig spielt. Warum? Weil er’s kann. Wer weniger mutig ist, kann auch nach dem ersten Song – Scavengers von In Continuum – aufhören. Ist aber sehenswert … wo habe ich diesen Stil eigentlich schon mal gesehen?! … in der Muppet Show, glaub ich. Wobei Marco zu jung ist, um für Animal Modell gestanden zu haben. Haha.
… und als wäre das alles nicht genug, ist er auch noch Gitarrist und Bassist. Und Keys spielt sowieso jeder. Ja dann …
Marco und der Wizard Of Oz
Ob meine Nummer und mein Konzept spannend genug sein würde, dass ich Marco begeistern könnte, sein Können und seine Kreativität einzubringen ließ sich nur auf eine Art herausfinden: Ich schrieb ihn einfach über seine Webseite an, erklärte ihm die Projektidee und schickte ihm den Track. Lustigerweise dauerte es gar nicht mal so lange, da meldete er sich, er finde die Nummer cool und habe dieses Wochenende ohnehin nix zu tun. Meine Begeisterung darüber könnt ihr euch vermutlich nicht ausmalen. Oder vielleicht doch. Wer weiß das schon.
Was zurück kam, verursachte mir erstmal Herzrasen. (Diesem Gefühl folgend, stand der Untertitel sofort fest: going tachycardic) Alle Minnemann Skill-Regler auf 11 gestellt, war es völlig andere Interpretation als Anikas. Und damit exakt genau, wo ich hin wollte. Wir entschieden uns dann noch für einen zweiten Take, der die unterschiedlichen Energie-Niveaus des Songs noch etwas besser nachzeichnen sollte. „Gar kein Problem. Dieser Take 2 hier ist jetzt viel disziplinierter, hat aber trotzdem ein paar Momente. Vielleicht kannst du ja einen Take aus beiden Versionen machen, falls Du willst.“ Die Aussage war genau auch meine Wahrnehmung. Also machte ich genau das: Ein Hybrid aus beiden Takes, womit wir dann beide auch happy waren.
„Falls du noch eine dritte Version mit Video brauchst, sag einfach Bescheid. Kann ich auch machen, kenne ja denn Song mittlerweile. :-)“ Sprach’s und und fiel prompt in den von mir am Ausgang des Zauberers Labyrinths für Drummer offen stehen gelassenen Gullideckel. „Danke, dass Du auch nur ein Mensch bist.“ schrieb ich ihm lachend zurück. Aber mal ohne Witz: Eine solch komplexe Nummer nach zwei Tagen anhand eines Leadsheets frei interpretierend am Stück runter zu spielen ist eine Ansage. Danke, Marco!
English version
translated by ChatGPT
Today is Release Day for the entire *Wizard of Oz* concept album! And to mark the occasion, here’s a special message from one of the most incredible drummers on the planet: Special Guest Marco Minnemann. Let me elaborate a bit about this one…
If you’re looking for a strong-minded drummer to create an alternative version of a song about perceived truths that’s unlike anything else, you almost have to ask Marco Minnemann. Marco is one of the most colorful and unconventional drummers on this planet. To say „he’s played for“ would be — taking a Chuck Norris standpoint — putting it backwards. He is his own unmistakable brand. Therefore, it must rather be said: „The following artists have played around him…“ The range spans from Udo Lindenberg to the Buddy Rich Big Band, through Joe Satriani and, of course, Freaky Fukin Weirdoz to Steven Wilson.
How true this „own brand“ description is can be seen in the following anecdote: When Marco sent me his Wizard of Oz interpretation and I incorporated it into my project, I sent it to my guitarist, Harry Lange, asking: „Who is this?“ Harry’s response: „A Minnemann plugin?!“ Me: „Almost.“
Once upon a time…
The first time Marco from Hanover caught my ear was when he replaced the ill Mason during the second tour of the crossover band H-Blockx. I thought to myself: Holy moly… or rather, holy drummer. I found a time capsule of that moment on YouTube. Haha, how young we were—on both sides of the stage. (And it’s hard to believe that one of the two frontmen—Henning Wehland—would reappear years later in Söhne Mannheims.)
After his H-Blockx time, Marco faded from my radar. As did H-Blockx. Until I finally met him in the mid-2000s at Munich’s Unterfahrt Jazzclub. I had read his name in the program, which announced a gig with Wolfgang Schmid (the Passport bassist). (Side note: Passport = Klaus Doldinger. Klaus Doldinger = Germanys own long-term crime series‘ Tatort theme music. Did you know who was on drums for that? No, not Minnemann. Udo Lindenberg. No joke. But that’s another story…) As I learned, Marco had moved to Los Angeles, where he still lives to date, and was doing the wildest stuff on the drums. He told me about a band he was in where people sometimes asked how they managed to play songs with passages that had seemingly no recognizable rhythm. „Simple,“ he said back then. „These sequences are dialogue passages from The Life of Brian. We mentally run through them while playing, so all band members are in sync, even though there’s no actual time signature. Nobody can figure it out.“ What a trickster.
I lost track of him again for a while until I stumbled upon an album called Levin Minnemann Rudess. So, the usual suspects again: Peter Gabriel / King Crimson bassist, the Dream Theater virtuoso, and Marco. Holy smokes. Here’s a tame and catchy example. Listen to the rest of the album at your own risk:
Insanely complex stuff
Let’s summarize: The man plays unplayable material as if it’s nothing. That’s what put him on the radar of the largest US prog rock band, Dream Theater. They forced him to audition. „I can’t play your stuff,“ he said. (Uh-huh. Sure. You can clearly see that here, right?) „And besides, I don’t want to dedicate my entire life to one band. You should take Mangini. He’s good and really wants this.“ And that’s exactly what happened. You have to respect someone for turning down such a gig. But his own band, *The Aristocrats*, was more important to him—and live, they’re an absolute blast. The playful energy of these guys will make you grin from ear to ear. Here’s one of my favorite tracks:
For me, Marco takes the cake in this virtual „masterclass“ on Drumeo, where he explains how to play 5/4 over 15/16. Doesn’t ring a bell? No worries. For the bold, skip to minute 43:40, where he simultaneously plays a 5 with his left hand, a 7 with his right, and a 9/16 with his feet. Why? Because he can. If you’re less daring, you can stop after the first track— Scavengers by In Continuum. It’s worth watching… where have I seen this style before? Oh, right, The Muppet Show. Though Marco’s too young to have been the inspiration for Animal. Haha.
… and as if that weren’t enough, he’s also a guitarist and bassist. And of course, everyone plays keys. Yeah, well…
Marco and the Wizard of Oz
Would my track and concept be intriguing enough to excite Marco into contributing his skills and creativity? There was only one way to find out: I contacted him through his website, explained the project idea, and sent him the track. Funny enough, it didn’t take long for him to reply. He liked the track and had nothing planned for the weekend anyway. You can probably imagine my excitement. Or maybe not. Who knows.
What came back made my heart race. (Following that feeling, the subtitle was quickly set: Going Tachycardic). With all the Minnemann skill sliders turned to 11, it was a completely different interpretation than Anika’s. And that’s exactly what I was aiming for. We decided on a second take that would better reflect the song’s varying energy levels. „No problem. This Take 2 is much more disciplined but still has its moments. Maybe you could create a hybrid from both versions if you want.“ His comment exactly matched my impression. So, that’s exactly what I did—a hybrid of both takes, and we were both happy with the result.
„If you need a third version with a video, just let me know. I can do it; I know the song well enough by now. :-)“ And with that, he promptly fell into the drummer’s manhole cover I had conveniently left open at the Wizard’s labyrinth exit. „Thanks for being human after all,“ I laughed back at him. But seriously: playing such a complex track, freely interpreting it based on a leadsheet after two days, is truly impressive. Thank you, Marco!