Neu gemischt und in HD geschnitten, live aus der Festplattenkonserve unserer Woodstock Gigs kommt hier für dich.
Die kleine lustige Geschichte, wie es überhaupt dazu kam, ist es auch wert, erzählt zu werden und das sei hiermit getan:
Im Dezember 2021 rief ich Oliver Hahn an, um ihm von meinen Woodstock Plänen zu erzählen und was ich drumherum geplant hatte: „Und da dachte ich, ich frag dich mal, für den unwahrscheinlichen Fall, dass du Zeit und Lust hast, ob du vielleicht mitkommen und Pianieren magst… blablabla … Fragile Elephant … blablabla … Jerry … blablabla … Harry … blablabla. Es ist eh viel zu organisieren und dann kann ich mich besser auf die Singerei fokussieren.“ Zu meiner Überraschung meinte er: „Das klingt doch alles spannend. Warte, ich schau mal in meinen Kalender, ob da was mit dem Fendrich… nein. Da is nix und in der Woche kommt wahrscheinlich auch sonst nix in die Quere. …ja dann machen wir das doch.“ – „Das ist ja super.“ freute ich mich.
Unverhofft auf die Setlist: Don’t Give Up
„Was hältst du denn davon…“ fuhr er fort …“wenn ich noch Petra frage, ob sie auch mitkommt. Dann könnten wir mit Jerry vielleicht Don’t Give Up machen?“ Ich stutzte einen Augenblick: „Don’t Give Up…“ – „Ja?!“ – „Und Du bist dir sicher, dass du willst, dass ICH das singe?“ – „Ja klar.“ – „Ich, und … die Eurovision Song Contest Zweite von 19-garnichtmalsoooolangher?!“ – „Ach, du machst das schon.“ antwortete er. „Lass einfach die Sonne in dein Herz.“ (Und das bei einer an sich doch ziemlich verzweifelten balladesken Erzählung.)
Von Don’t Give Up hatte ich bislang nicht nur die Finger, sondern auch die Stimme gelassen. Aus vermeintlich gutem Grund. Der Song hat durchaus seine … äh … Herausforderungen. Ich ergoogelte mir zur Auffrischung ein paar Versionen und stieß dabei auch auf eine Live Version aus Chile. Sting hatte 1990 Peter Gabriel und Sinead O’Connor zu einem Amnesty International Konzert vor Millionenpublikum eingeladen. Ich staunte nicht schlecht, dass diese – sagen wir mal – musikalische Nahkampfhandlung bisher nicht von den Beteiligten in die ewigen Jagdgründe des digitalen Vergessens verbannt worden ist. (Ich habe mir mal den Spass gemacht, eine mutmaßliche Herleitung des Dramas zu Verfassen und die mutmaßlichen Gedanken der Beteiligten aufzuschreiben. Dazu mehr weiter unten). Na gut, dachte ich. Man wächst ja an seinen Aufgaben. Und was immer ich mache: Es wird besser werden als das.
Wie ging das noch mit dem Outro?
Also machten wir uns an die Trockenschwimmvorbereitung via Email und Telefon: „Wir müssen nur auf den Übergang im Outro aufpassen, wo’s von dem 3/4 in den 4/4 geht. Das ist irgendwie komisch gelöst. Ich hör das auch in verschiedenen Versionen unterschiedlich.“ meinte Oli. Nach Durchhören von ein paar Versionen und ein paar Emails hin und her sagte ich: „Komisch. Ich hör das eigentlich überall gleich. Nach Ende des letzten Chorus kommen 3x 3/4, dann einmal 6/4, dann geht’s weiter in 4.“ Wir einigten uns darauf, dass uns das eigentlich völlig egal sein kann, solange wir uns einig sind, dass das alleinstehende Eb-Achtel des Bassriffs die 1 des 4/4 Parts ist. Den Rest müssten ohnehin Jerry und Mike unter sich ausmachen. Der Tag der Wahrheit kam dann bei der einzigen Probe am Tag vor dem Gig in den Dreamland Studios. Wir spielten die Nummer bis zum Outro. Dann ein kurzer Abbruch. Jerry zu Mike: „Wie ging das nochmal, vom 3/4 in den 4/4 zu kommen?“ Und Mike – nebenbei bemerkt einer der lustigsten Typen, die ich kennen lernen durfte – antwortete: „Ich bin mir auch nicht sicher, warte mal …“ Oli und ich grinsten uns gespannt an, weil es den beiden auch nicht anders ging. Es folgte eine angeregte Diskussion, bis der Manhattaner Bassist nach etwa 10 Minuten wie in einem Heureka Moment mit einer leuchtenden Glühbirne über dem Kopf jubelte: „It’s a 6 … and then into 4!“
Und so entstand diese wundervolle Performance mit der Eurovision Song Contest Zweiten Petra Scheeser, dem Reinhard Fendrich Bandleader Oliver Hahn, dem Suzanne Vega (Luka) Haus- und Hofbassisten Mike Visceglia, dem Peter Gabriel Drummer Jerry Marotta ……… und mir. 😳 Ich schätze … manchmal hat man einfach Glück. 😉
Weiteres von Petra und Oli aus Dreamland
Wo sie schon mal da waren, haben Petra und Oli für ihren Kanal cometomyhouse zusammen mit Jerry auch zwei Songs des wunderbaren Gemeinschaftsprojektes von Songwriter Flav Martin und Jerry Marotta gespielt: Soul Redemption und Wild Moon. Außerdem gibt es da demnächst auch ein Feature mit interessanten spannenden und lustigen Erzählungen von Jerry aus seiner Karriere von Orleans über Peter Gabriel, Hall & Oats, Cher und viele andere. Einschalten!
Chronik einer Beinahekatastrophe: Don’t Give Up live in Chile – …denn sie gaben nicht auf!
Der Versuch einer Aufarbeitung:
Irgendwo in England. Ein Telefon: Rrrrring. “Peter Gabriel.”
Sting: „Hey Peter, alter Hermano. Sting hier. Bin gerade in Chile. Heute abend Benefizkonzert für Amnesty, Du alter Aktivist. 3 Trillionen Leute. Ganz Chile, mit Übertragung in den Rest der Welt, inkl. Mars. Und Universum. Flieg doch schnell rüber und wir machen was zusammen… keine Ahnung… Don‘t give up oder so.“
Peter: „Was, heute abend?“
Sting: „Ja klar, fliegst du schnell rüber…“
Peter: „Und wann proben wir?“
Sting: „Ich glaub, das geht sich nicht mehr aus. Die Concorde landet eine halbe Stunde vor der Show, aber hey: das sind Vinnie, Kenny, Dom und ich. Was soll da schiefgehen? Ich schreib das schnell raus. Don‘t give up is ja jetzt nicht sooo schwer.“
Peter: “Klingt super … Don‘t give up, hm? … und … mit wem?“
Sting: „Keine Ahnung, irgendwer springt doch immer bei Dir im Studio rum …“
Peter – vom Telefon gewandt: „Sineeead?!“
Sinead – eilt herbei: „Äh … was gibt‘s?“
Peter: „Du kennst doch Don’t give up, oder?“
Sinead: „Ich? …. äh, also … n…“
Peter: „Passt. Amnesty, Chile, Welt, Mars, Universum. Heute abend live. Den Text schreib ich Dir unterwegs auf. Pack schon mal Deine Handtasche.“
Sting: „Die Concorde fliegt in zwei Stunden. Ich hab eh schon zwei Tickets gebucht. Muchas Gracias.“ Klick. Tut tut tut.
Sinead: „Äh …okeeh?!?“
Mehrere Stunden später hinter der Bühne:
Peter: „Sting hat gerade von seinem fantastico Hermano gesprochen. Das bin ich. Ich geh jetzt raus. Du kommst dann einfach nach, Sinead…“
Sinead: „Äh …“
Peter kommt auf die Bühne: Was trommelt der Vinnie da eigentlich? So kenn ich den Song gar nicht. Ist das das richtige Tempo? Wo is’n da die Eins? Warum spielt Sting die Bassfigur nicht, die ich kenne? Ach, der Kenny wird’s gleich richten…
0:54
Kenny: Scheiß Sauklaue von Sting. Was sind denn das hier für Akkorde? Ach, das wird sich schon erschließen, wenn der Peter mit der Melodie einsteigt.
0:57
Peter: Was macht der Kirkland da eigentlich? …
1:06
Peter: Ah. Da ist ein Akkord, den ich kenne. Ich fang einfach mal an. „In this proud land we grew up strong, we were wanted all along.“ Shit. Da stimmt doch was nicht….
Vinnie: Ach, da will Peter die eins haben. Geht auch.
Dom: Ich dreh mal schnell meine Gitarre auf null, dann mach ich nix falsch.
1:23
Peter: Ok, der Kenny hat gerade keine Ahnung, was er tut. Er nickt mir zu? Echt? Da ist die Eins? “In this proud land we grew up strong. We were wanted all along…” Das ist doch wieder falsch, Kenny.
1:30
Kenny: Ich kann das echt nicht lesen. Bin ich jetzt falsch oder er?
1:32
Peter: Egal, ich zieh‘s jetzt einfach mal durch. Vielleicht checkt er‘s anhand der Melodie, wo’s lang geht. „was tought to fight, tought to win …“
Sting: Ach shit. Ich muss ja Bass spielen. Hätt ich jetzt fast vergessen.
Kenny: Ach so ging das… halbes Tempo … hätte er ja so hinschreiben können.
Peter: Jetzt hat er‘s …. na also. Puh.
2:00
Kenny: Auf dem Zettel steht Chorus. Das spiel ich. Sings halt einfach, Sinead, zefix.
2:03
Sinead: Äh…??!
Peter: Doch nicht. “Kein Problem. Singst den nächsten Chorus, Sinead. Ich hab keine Ahnung, was der da klimpert, aber Don’t Give Up ist es nicht.”
2:10
Vinnie: Ich nagel das jetzt einfach durch. The Show must go on. Aber ich nehm lieber die Brille ab… das Drama ist ja nicht mit anzuschauen…
2:18
Sinead: Äh …
2:28
Vinnie: Ich beende den Chorus jetzt mal mit einem Fill. Hoffentlich checken’s alle und stimmen dann die zweite Strophe an.
2:32
Peter: Der Vinnie spielt ein Fill. Ich sing jetzt mal einfach die zweite Strophe.
Kenny: Oh gut, die Strophe kann ich jetzt.
3:03
Sting: Noten. Ich hab Noten. Gott sei Dank hab ich Noten.
Kenny: Ha! Die Rückseite! Auf der Rückseite ist die Reinschrift!!! Hätt ich auch gleich drauf kommen können.
3:44
Peter: Na also. Läuft.
4:21
Kenny: Ach, das war der Zettel mit den Akkorden vom C-Teil, die ich anfangs für den Chorus gehalten habe…. JETZT versteh ich das.
4:28
Sting: War was falsch? Ich hab nix gehört …
4:40
Dom: Ich bleib mal lieber auf Mute und tu nur so. Dann mach ich sicher nichts falsch.
5:31
Vinnie: Ok. Ich setz die Brille wieder auf. Hat eh nicht geholfen, das Drama zu überhören.
5:47
Sinead: “it’s never been easy” … und hoffentlich gleich rum.
6:05
Sinead: äh … OMG … endlich.
6:08
Sting: Der Outro Riff ist klar. 6/4 und dann argh … welche Tonart waren wir nochmal? Shit, das war auf der Rückseite vom C-Teil, den ich Kenny gegeben habe … ich spiel einfach mal. Ne, falsche Tonart. Ich probier einfach mal ein paar davon durch. Wird schon die richtige dabei sein. Und wenn nicht, geht’s als Jazz durch.
6:16
Peter: Die RICHTIGE Tonart bitte, Sting …
Sinead: Äh … immer wenn Du denkst, es kann nix mehr schief gehen …
Dom: Ha! Jazz! Jetzt kenn ich mich wieder aus und kann meine Gitarre auch wieder aufdrehen.
6:25
Peter: Kannst du dich jetzt mal auf eine Tonart einigen, Sting? Naja, auch schon egal jetzt… “Don’t give up. Don’t give up. Don’t give up.“
6:43:
Sinead: Äh … scheiß drauf. Freestyle.
7:14
Peter: …..uuuuund große Geste: Schluss! …. ach ne, doch nicht?! … ah klar … is ja nicht meine Band, sondern Stings Band. „Komm Sinead, lass gehen …“
Sinead: Äh…
7:38
Sting: Sind sie weg…?! – Wenn ich das richtig betone, denken alle, er war schuld. – „Peter Gabriel! 😬“