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Ein Musikvideo drehen …

Erstellt von: alexsebastian Am:


Samstag, 11. August 2012, 12:00 Uhr mittags. Video-Wahnsinn ist heute angesagt! Herbert Unterweger, Angi Aicher und ich sind verabredet im Maniac Studio, denn es ist Drehtag für alley of red lights.

Das Maniac Studio gehört den Jungs von Reamonn/Stereolove und Sebastian Padotzke ist so nett und überläßt es uns freundlicherweise für einen Tag, denn a) sind sie eh nicht da und b) sind wir ohne Flügel aufgeschmissen. Ich stehe erstmal vor verschlossener Tür. Herbert hat eben angerufen, er kommt mindestens 45 Minuten später, denn er steht auf der Autobahn im Stau. Ich rufe also Angi an, dass sie für die Maske gar nicht erst vor 15:00 Uhr aufkreuzen muss. Karsten hat den Schlüssel zum Studio, denn auch er zimmert im neuen Komplex in der Landsberger Straße gerade sein stereopur Studio neu zusammen. Ein Anruf bei Karsten führt unmittelbar auf die Box. Läuft ja alles prima an. Wie komm ich jetzt rein? Corny – einen weiteren Studiobetreiber und Produzent der Killerpilze – anrufen: Corny ist nicht in der Stadt, geht aber wenigstens ans Telefon. Und er hat die Nummer von Karstens Vater (der Karsten derzeit beim Studio-Dengeln hilft) und will zurückrufen. Kaum fünf Minuten später die Nachricht: Die beiden seien unterwegs.

Nach 15 weiteren Minuten entschließe ich mich, den nahe liegenden Supermarkt heimzusuchen und mir was zu trinken zu kaufen. Kann wohl ein längerer Tag werden, heute. Nach wiederum weiteren 15 Minuten stehe ich immer noch vor verschlossener Tür. Karstens Handy ist immer noch aus. Herbert ruft an: Er kommt erst kurz nach 13:00. Lichtblick: Ein Auto parkt vor dem Haus und Alex Klier steigt aus. Er baut dort oben im vierten Stock ebenfalls noch an seinem Studio und nimmt mich mit hoch. Oben angekommen fällt mir auf, dass hier ganz eklatant ein Schild “Vorsicht Baustelle, Eltern haften für Ihre Kinder” fehlt. Einige Studioräume sind zwar schon fertig, andere hingegen sind nur fast fertig und Karstens Studio ist … sagen wir mal … in groben Zügen erkennbar, dass es mal eins werden könnte. Karsten und Kalle kommen mir entgegen: “Äh … sorry, mein Akku is leer, wie sich raus stellte. Hast Du zufällig ein Kabel dabei?” Hab ich nicht. Aber das Gute daran ist, dass ihn dann auch keiner bei der Zimmermannsarbeit stören wird. Der Aufnahmeraum von Sebastian ist einer der fast fertigen. Es hängen zwar noch Kabel von der Decke, nicht auf allen Steckdosen ist Strom und im Flur gibts kein Licht, aber so ein Bösendorfer ist nicht nur ein ziervolles Möbelstück, sondern klingt auch fantastisch. Uns geht’s heute aber in erster Linie um ersteres. Jetzt ist erstmal Möbelrücken angesagt, schließlich kommt gleich Herbert und dann brauchen wir jede Menge Platz. Herbert klingelt in diesem Augenblick durch. Ok, Möbelrücken verschieben.

Wieder unten ist mir schleierhaft, wie all dieses tonnenschwere Material, das wir in den Lastenlift schleppen, aus einem einen einzigen A3 kommen kann, aber es scheint möglich zu sein, denn ich sehe nirgendwo drei LKW stehen. Beschließe, das Foto vom bepackten Lift auf Facebook zu posten. Angi antwortet noch von zuhause: “Ok, ich lass mir dann also noch Zeit.” Besser ist das.

Schleppen – der Flügel passt so nicht: drehen – Macbook an die Anlage anschließen fürs Playback – Aktiv-Lautsprecher hängen an toten Steckdosen, mit Mehrfachsteckern umverkabeln – Stative aufbauen – der Flügel passt so nicht: nochmal umdrehen – Kamera zusammen bauen – Lichter aufstellen – wieso ist auf dieser Steckdose auch kein Strom und wo ist der Sicherungskasten? – Greenscreen aufstellen – der Flügel passt so nicht: wieder andersrum drehen – Mehrfachsteckdosen verlegen – Lichter justieren – das Handy klingelt, Angi ist da – der Flügel passt so nicht: darum kümmern wir uns später.

Angi ist 20 Minuten zu früh und total begeistert, dass ich erstmal ein Foto mache, wie sie mit ihrem Makeup-Equipment angeschleppt kommt. Aber ich schwöre: Sie sah wirklich nicht aus, als würde sie Hilfe benötigen. Makeup hatte ich auch noch nie und staune Bauklötze, was so eine mobile Makeup-Ausrüstung alles zu bieten hat.

Herbert hat eingeleuchtet und meint, wir können loslegen. Aber der Flügel steht noch falsch, also drehen wir ihn richtig. Ich setze mich ans Arbeitsgerät. Es hat unter den Lampen gefühlte 48 Grad. Das Makeup hält, dank Angi. Bzw. dank ihrer zahlreichen Tupftücher. Wir machen jetzt den ersten Durchlauf in der Totale. Es ist knappe 16:00 Uhr. Das Licht geht aus. Wegen schlappen 21 kV? Kann doch gar nicht sein. Wo war nochmal der Sicherungskasten, wenn man ihn braucht? Also doch noch schnell eine weitere Stromverlängerung quer durchs Stockwerk verlegt. Dann klappts auch mit dem Licht.

Jetzt Take um Take, aber wie war auf der Aufnahme nochmal genau das Timing des Textes? Und welche Füllnoten hatte ich auf dem Klavier gespielt? Und warum fällt mir erst jetzt auf, dass Karsten in der ersten Hälfte der zweiten Strophe die andere Umkehrung des Akkords hingeschnitten hat? Playback performen will auch gelernt sein. Können wir nicht stattdessen ein Live Video machen? Verwerfe auch diese Idee schnell wieder. Denn davon hab ich ja schon viele. Angi versucht mit allen Mitteln zu erreichen, dass ich einen kühlen Kopf bewahre, scheitert aber an dieser Herausforderung: Die Stirn ist widerspenstig und nur äußerst widerwillig trocken zu legen. Ich äußere schwersten Respekt vor der Schauspielzunft.

Um 19:30 Uhr sind alle Takes mit mir abgedreht. Abgefahren. Jetzt wär was zu Essen hilfreich. Wir entscheiden, in den um die Ecke liegenden McDonalds einzufallen. Herbert meint, für die restlichen Szenen mit den Schachfiguren benötigen wir nur noch ca. drei Stunden. Ich entgegne, dass das vielleicht etwas optimistisch sei. Wir verabschieden Angi und … schieben den Flügel weg, denn er steht im Weg.

Um 20:30 Uhr werden Schachbretter evaluiert, Figuren gecastet, das Script nochmal durchgesprochen, Einstellungen diskutiert. Dann gehts an die Stop-Motion: Beleuchten, Figuren stellen, filmen, Brett drehen, filmen, Figuren verstellen, filmen, Perpektivwechsel, filmen, Halbtotale, Brett drehen, filmen, Figuren verstellen, Totale, Figuren verstellen, filmen, Mist, verdreht, zurück zum Start. Schon nach einer Stunde ist uns schwindelig, den Figuren auch und es wird uns klar: Das wird noch ein langer Abend. Wer hatte eigentlich diese bescheuerte Idee mit dem Schachbrett und dem Stop-Motion? Ein Blick aufs Deckblatt des Drehbuchs beweist unmissverständlich: Ich. Verdammt.

Um 0:00 Uhr betritt Karsten den Raum und meint: “So. Schluss auf der Baustelle. Und wie lange meint Ihr, braucht Ihr noch?” Herbert und ich gucken uns an, dann Karsten, dann wieder uns, zucken mit den Schultern: “Öhm ja … um Eins dürften wir durch sein.” Karsten beschließt, ohne uns ins Bett zu gehen und wir drehen mit Streichhölzern in den Augen weiter bis 2:30 Uhr.

Jetzt noch schnell das ganze Gelöt zusammen packen: War ja nicht viel. Rein in den Lastenaufzug damit. Den Raum rückbauen. Der Flügel steht falsch: wir lassen ihn so stehen. Um ca. 3:30 Uhr ist auch das Puzzle “Wie passte das Zeug nochmal alles in den A3, damit auch der Kofferraumdeckel noch zu geht” gelöst und wir ziehen von dannen, nicht ohne dem McDonalds Manager trotz geschlossenem McCafe noch zwei Schokomuffins abzutrotzen. Schließlich ist ja bald schon wieder Frühstück.

Vielen lieben Dank an Sebi, Karsten, Angi und vor allem an Herbert, für den die Arbeit jetzt erst richtig losgeht, das ganze Puzzle zu einem sinnvollen Musikvideo zusammen zu setzen. Ihr könnt schon mal gespannt sein!


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