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Sting – Back To Bass

Posted By: alexsebastian On:


Sting – Back to Bass – Live im Kesselhaus am 28.2.12

Als ich Sting vor nicht allzu langer Zeit mit dem Royal Symphonic Orchestra sah, dachte ich: So, das wars. Rente jetzt. Das ist nicht zu toppen. Was soll danach noch kommen?

Die gleiche Frage stellte er sich scheinbar auch und beschloss, einen Kontrapunkt zu setzen. Oder besser: ein Kontra-Ausrufezeichen! Bassgitarre umschnallen, wie zu Anfangszeiten. Eine kleine Band um sich scharen und dem Publikum ordentlich eins auf die Zwölf geben. Raus aus dem starren, fixierten Korsett eines Orchesters, rein in freie Improvisation. Keine ablenkende Multimedia-Show. Pure Musik inmitten schlichtweißer Lichtkegel. Abrocken, was die Boxen hergeben, bis der Saal kocht. Dazwischen aber auch die leisen Töne nicht vergessen.

Schon in der Ankündigung war zu lesen, dass nach langer Zeit mal wieder Schlagzeuglegende Vinnie Colaiuta die Sticks für ihn schwingen würde. Das legte auch gleichzeitig Vermutung nahe, dass das Programm vermutlich nicht die populären Nummern in den Vordergrund stellen würde, sondern die großen Album-Perlen mit all ihren rhythmischen Herausforderungen. Und so war es dann auch: Der Englishman war an diesem Abend nicht in New York und es hing auch kein Moon über der Bourbon Street.

Was man aber mit Fug und Recht behaupten kann: Every little thing she does is magic! Einer der wenigen Hits im Programm und zugleich eine Aussage, die zu 100% auf Backgroundsängerin Jo Lawry zutrifft. Die Australierin, die schon auf der Symphonicities Tour auffiel, funkelt neben dem Meister nicht nur stimmlich, sondern entpuppt sich obendrein auch noch als begnadete Violinistin. Zusammen mit Peter Tickell  stellt sie den Rest der Band quasi in den Schatten. Der 25jährige Geiger entlockt seinem Instrument Rockgeigen-Soli, bei denen selbst Boyd Tinsley von der Dave Matthews Band weinend zusammen bräche.

Sting selbst wirkt glücklich und entspannt, nimmt bei der Anmoderation seiner Songs mutig den Kampf mit der deutschen Sprache auf, immer darauf bedacht, dabei nicht versehentlich seine Zunge zu verschlucken und genießt es sichtlich wieder mal den ganzen Abend mit seinem Paradeinstrument zu verbringen.

Zusätzlich zu seiner rechten Hand Dominic Miller, wie er immer zu sagen pflegt, hat Sting nun auch noch eine linke Hand bekommen: Dominic Millers Sohn Rufus zupft an der Rhytmusgitarre und bekommt seinen (dann aber einzigen) großen Solo-Moment bei Fields of Gold.

Ich bin ja auch ein großer Dominic Miller Fan, aber an diesem Abend fällt er mir nur dadurch auf, dass er mir ständig die Sicht auf Vinnie Colaiuta versperrt. (Merken: Nächstesmal vorher auf den Standort achten.) Und keiner kann nun mal Stücke wie Inside, The Hounds of Winter, Love is stronger than justice oder Seven Days besser vertrommeln, als der frühere Zappa Drummer, der auch auf vielen Sting Alben die Vorlage dafür geliefert hat. Phänomenal: Sting zählt die fünf Viertel von Seven Days ein, die Band spielt die ersten zwei Akkorde und setzt nach drei Takten Pause pünktlich zur Eins wieder gemeinsam auf die Hundertstel genau ein. Ohne hinzuschauen. Und warum? Weil sie’s können! Hammer. (Sie müssen dann natürlich während des Stückes unbedingt beweisen, dass das auch öfter hintereinander funktioniert… die Poser…)

In der Zugabe geht’s dann natürlich trotzdem nicht ohne Desert Rose, Every breath you take und – als Abschluss – Message in a bottle solo auf der akustischen Gitarre, obligatorischer Publikums-Chor inbegriffen.

Fazit: Es ist, wie’s immer ist. Sting umgibt sich mit den Besten, läßt sie glänzen, indem er sie bewusst immer wieder in den Vordergrund schiebt und hat sichtlich Spass dabei. Das ist einer der Gründe, warum der Funke vom ersten Ton an überspringt und alle zuerst begeistert mit- und dann beglückt nach Hause gehen.

Rente? So schnell sicher nicht. Und das ist auch gut so.


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